Rhöner-Pistole und Weihrauch-Revolver
Erschienen in DWJ 9/97
Zwei deutsche KK-Silhouetten-Waffen:
Jahrelang dominierten US-Waffen die Silhouetten-Szene. Für europäische Schützen war deren Beschaffung, speziell der Ersatzteile, recht langwierig. Jetzt bieten deutsche Hersteller Faustfeuerwaffen an, die - zu moderatem Preis - in der Weltspitze mithalten können
Von Guido J. Wasser
Die Firma „Rhöner Sportwaffenbau“ in Oberelsbach- Weisbach ist den meisten unter dem Modellnamen „SM“ bekannt. Die Abkürzung - die gross auf dem Firmengebäude prangt - beruht nicht auf den Initialen der Inhaberin, Frau Maier sondern heisst „Sportwaffen und Munition“. Hauptsächlich werden Schreckschuss- Waffen und deren Munition hergestellt. Einen kleinen Nischenplatz nimmt die freie Pistole „SM-76“ ein, die der schon lange nicht mehr gebauten Hämmerli 120 zum Verwechseln ähnlich sieht.
Das „Sport- Modell“ wurde 1976 - auf Basis des 68er-Modells - neu konzipiert. 1982 wurde es leicht modifiziert und von Klaus Peter König im damaligen „Internationaler Waffen-Spiegel“ getestet. Auch Hans Aicher widmete im DWJ 7/83 dieser freien Pistole einen Artikel. Beide wunderten sich über den günstigen Preis von damals weniger als DM 500.-, bemängelten einige Details und lobten die ausgezeichnete Schusspräzision und die leichte Handhabung.
Den Waffenspiegel gibt es schon lange nicht mehr, aber die SM-76 feiert heute als Silhouettenpistole fröhliche Urständ!
Der Anfang allerdings war nicht so einfach. Noch im April 92 meinte Frank Scotto, der Präsident der amerikanischen IHMSA, die Rhöner Sportpistole würde den „Production“- Regeln nicht entsprechen, da sie einen (damals noch verbotenen) „bolt action“, also einen Zylinderverschluss, hätte. Erst als ihn Gustav Bärlin aufklärte, dass es sich dabei nicht um einen „turnbolt“ handle, durfte offiziell damit gestartet werden. Bob Milek, der renommierte US-Autor hatte in seinem Artikel „Bolt Action Basics“ festgelegt, dass nur ein Verschluss, dessen Zylinder durch Verdrehen verriegelt, als Zylinderverschluss angesehen werden kann. Unterhebel- Repetierer wie diverse Marlin- Modelle (1893, 94, 95) besitzen zwar auch einen Verschluss-Zylinder, verriegeln jedoch anderweitig. Dass diese Definition heute ihre Tücken hat, sieht man an der Blaser R93. Dieser Gradzugverschluss wäre somit nach Mileks Definition kein Zylinderverschluss, wohl aber der alte Schweizer und der neue Mauser Gradzugverschluss! Bei der Rhöner- Pistole jedoch ist es eindeutig. Sie verriegelt mit einem Kniegelenk und hat somit kein wesentliches Merkmal eines Zylinderverschlusses.
Auf Betreiben einiger Silhouetten- Schützen wurden ab 1990 Varianten der Freipistole als Silhouetten-Modell angeboten. Dies ist vor allem Hermann Grob zu verdanken. 1992 präsentierte er für SM auf der IWA zwei Modelle, die speziell nach den Regeln des neugegründeten Weltverbandes IMSSU gebaut waren. Beim „G“ Modell wurden die maximal erlaubten Lauf- und Visierlängen voll ausgenutzt und als Visier fungiert das robuste und präzise Anschütz Modell 6697. Mit seinem Kimmen- und Korntunnel war es seiner Zeit damals voraus. Kein Konkurrent hatten Kimme und Korn vor Sonne und Wind geschützt. Auch die Oberfläche trotzt Witterungseinflüssen; sie ist matt verchromt.
Sportliche Erfolge
Durch Klassensiege von DM über EM bis zur WM wurde man auf diese preiswerte Pistole aufmerksam. Im Laufe der Jahre wurde sie geringfügig modifiziert und erhielt einen schwingungsoptimierten Lauf. Den grössten Erfolg errang der Finne Nokio Jari mit einer Goldmedaille an der Europameisterschaft 95 in Norwegen und gleichzeitig am Worldcup. Pikant dabei: Obwohl seine „Tristar-G“ für die „Production“ Disziplin vorgesehen ist, gewann er damit die „Unlimited“ Klasse! Dass er zuerst das Maximum von 40 Treffern erzielte und danach noch vier Stechen gewinnen konnte, stellen Waffe und Schütze ein ausgezeichnetes Zeugnis aus.
Die Verschluss-Konstruktion erinnert stark an einen um 90 Grad gedrehten Unterhebel- Repetierer. Allerdings schliesst der Verschluss beim Vorschwenken des Hebels und öffnet beim Zurückschwenken. Die Funktion ist gut in der Skizze 1 zu sehen. Details sind schon hinlänglich beschrieben worden, da Verschluss und Abzug ohne Änderung von der Freipistole SM 76 stammen. Das gegossene Griffstück zeigt zwar noch Bearbeitungsspuren - bei dem Preis kein Wunder - schliesslich kostet eine Hämmerli 163 ein mehrfaches davon.
Zum Stehendschiessen kann auch deren Griff benutzt werden, allerdings ohne Handauflage. Der Griffwinkel beträgt dann 120 Grad. Für die Liegendposition ist der Silhouetten-Griff mit seinen 95 Grad ideal. Liegend wird der Arm um rund 30 Grad im Ellbogen geknickt, so dass fast senkrechte Griffe zu einer natürlichen Handposition führen. Besonders wichtig ist dies beim Grosskaliber- Schiessen mit Rückstoss-Energien um 20 Joules; aber auch bei Kleinkaliberwaffen ist diese Stellung unverkrampfter als im Originalgriff einer Freipistole.
SM bietet zwei Modelle an: „Production Class“ und „Tristar-G-DeLuxe“.
Beide entsprechen den Regeln für die Disziplin Kleinkaliber Production. Das erste Modell ist einfacher gehalten, ist brüniert und verfügt über das Originalvisier der Freipistole, ergänzt um einen aufgeschobenen Kimmenschutz. Beim Luxusmodell wurde die Originalbasis des Visiers am Verschluss weggefräst und durch das Anschütz- Visier 6697 ersetzt. Die Kimme wird durch einen 100 mm langen hochklappbaren Tunnel geschützt. Sehr praktisch ist dessen definierter Anschlag, der immer dasselbe Zielbild vermittelt. Leider ist dies heute noch lange nicht überall üblich. Der Anschütz- Korntunnel sitzt direkt in einer prismatischen Fräsung des Laufes und nimmt die bekannten Anschütz- Einsätze auf. So ist ein sekundenschneller Kornwechsel möglich, ohne die Treffpunktlage zu verändern.
Der Lauf ist die ersten 82 mm so dick wie die Verschlusshülse (22 mm), läuft dann 21 mm konisch zu, um danach in einen 120 mm langen Zylinder von 19 mm Durchmesser überzugehen. Darauf folgt ein steiler Konus von 3 mm Länge, der den Übergang zum 43 mm langen und 22 mm dicken Mündungszylinder schafft. Insgesamt ist dieser schwingungsoptimierte Lauf 270 mm lang und nutzt die maximal erlaubte Länge voll aus. Der schlanke Lauf mit der massiven Mündung basiert auf den Erkenntnissen über Laufschwingungen, die 1990 als wissenschaftliche Arbeit im Jahrbuch der DEGA publiziert wurden. Darauf beruhen viele moderne Laufentwicklungen, die meist an der dicken Mündung erkennbar sind. Die hohe Masse reduziert Schwingungen; die unterschiedliche Wanddicke verhilft zu einer Mündungsverengung.
Das neue Laufprofil lässt keine Resonanzen während der Schussabgabe erkennen. So ist es nicht erstaunlich, dass mit der Silhouetten-Ausführung noch bessere Schussbilder als mit der Freipistole mit ihrem 17 mm dicken Lauf erreichbar sind. Die damals mit praktisch gleicher Lauflänge erreichten 10-Schuss-Gruppen um 20 mm auf 50 Meter galten für diese preisgünstige Pistole als hervorragend. Der schlanke, zylindrische Lauf neigte zu ausgeprägten Resonanzen, worauf einige Patronen mit Ausreissern reagierten. Auch zeigten einige gute Patronen bei starken Temperaturänderungen vergrösserte Streukreise. So konnte ein im Winter erprobtes Los in einem heissen Sommer für unliebsame Überraschungen sorgen. Die höhere Geschossgeschwindigkeit regte eine Laufresonanz an, welche die Mündung zum Tanzen brachte.
Lauf und Treffer
Der Lauf des G-Modells ist von diesen Effekten praktisch unabhängig. Er reagiert weder auf Temperatur- Schwankungen noch auf unterschiedliche Patronen mit Resonanz-Erscheinungen. Natürlich schiesst er mit eng tolerierten Patronen- Losen besser als mit schlampig gefertigten. Aber es muss nicht unbedingt die sündhaft teure Eley Tenex sein, um im Wettkampf vorne mitzumischen. An der WM 94 im heissen Grasse gewann ich die A-Klasse mit der Rhöner- Pistole und preisgünstigen Fiocchi „Pistola Standard“ Patronen. Die Messungen mit dieser Laborierungen auf 100 Meter ergaben 10er-Streukreise um 30 mm. Gute KK-Patronen wie Eley- Standard und -Pistol, Lapua Pistol- King, RWS Club, sowie aus Schöneberg (SK) und Südafrika (Swartklip) in der Preisklasse um 10 Pfennige lagen auch in diesem Bereich. Rund 15 % enger schoss das Los „WS570“ von Eley Tenex zum 4fachen Preis. Für wichtige Wettkämpfe mag dies ein (psychologisches) Argument sein; die Trefferfläche der Silhouetten beträgt jedoch immer ein Mehrfaches der Streuung von preisgünstiger Munition aus dieser Waffe. Lediglich eine Remington- Charge der mittleren Preisklasse streute aus unerfindlichen Gründen weit mehr als alles andere. Ganz ohne Präzisions-Test gehts also auch hier nicht.
Handhabung
Die Bedienung ist - für Rechtsschützen - recht einfach. Mit dem linken Zeigefinger die Entriegelung hineindrücken, den Hebel etwas ausschwenken und schon springt er in seine hintere Position und wirft die leere Hülse aus. Eine Patrone in die Lademulde gelegt, den Hebel wieder nach vorne schwenken und die Waffe ist feuerbereit. Nicht nur abgeschossene Hülsen, sondern auch ganze Patronen lassen sich einfach entladen; sie werden zwar nicht ausgeworfen, sondern bleiben in der 25 mm langen Lademulde liegen.
Der Zündstift arbeitet zuverlässig; irgendwann kommt der Tag, an dem er überraschenderweise seinen Dienst versagt. Ist die Waffe nicht übermässig verschmutzt, kann es nur an den Distanzscheiben liegen, die bei neuer Waffe den Verschlussabstand minimieren. Sind die Kniehebel- Gelenke nach einiger Zeit perfekt eingeschliffen, sollten die Scheiben mit der Teile-Nr. 2-21 (unter der hintersten Imbusschraube) entfernt werden. Dann werden auch harte Patronen wieder sauber gezündet.
Der Abzug löst nach 2mm Vorzug trocken aus. Seine Charakteristik kommt den teuren Spitzenabzügen recht nahe. Die Einstellung ist recht kompliziert; speziell bei Abzugskräften um 100 g und knapp eingestelltem Triggerstop. In der Silhouetten- Szene werden jedoch die meisten Abzüge auf Werte um 500 g eingestellt, da in mehreren Disziplinen angetreten wird und sich viele Konstruktionen (Revolver) nicht so weit herunterregeln lassen. Sind die Abzugskräfte ähnlich, muss man sich beim Wechseln der Waffe nicht auf unterschiedliche Auslösekräfte einstellen. Kommt dann noch Kälte dazu, lösen leicht eingestellte Abzüge bei klammen Fingern zu früh aus. Bei der Testwaffe reagierte der Abzug auf 400 g ohne Kriechen und lediglich geringem Weg hinter der Schussauslösung, der von einer Feder mit 700 g Gegendruck aufgefangen wurde. Ich halte dies für einen guten Kompromiss von Auslöseart und Zuverlässigkeit. Eine spezielle Sicherung hat diese Silhouetten- Waffe nicht, sie wäre auch unsinnig. Die gespannte Waffe erkennt man am leicht am roten Abschluss des hinteren Schlagbolzen-Teils.
Schäftung und Visier
Konstruktionsbedingt lässt sich das Abzugszüngel nicht verschieben. So ist das Griffmass von 67 mm für kleine bis mittlere Hände geeignet. Für grosse Hände ist ein XL-Griff lieferbar. Für die Stehen- Disziplin lässt sich der steile Griff mit einer Schraube gegen ein flaches Exemplar mit 120 Grad Neigung austauschen. Der Vorderschaft reicht fast bis zur Laufmündung und stützt sich nur am Griffstück ab. So kann der Lauf frei schwingen. Der Abstand beträgt rundherum 2 mm, so dass auch etwas Verzug, oder ein Sandkorn nicht zum Anliegen des Laufes führt. Die linke Seite ist ca. 30 Grad angeschrägt und punziert; ideal zum schrägen Anlegen an den Unterschenkel bei der Creedmore- Stellung. Die Unterseite ist plan und glatt zur Auflage bei „Dead Frog“. Durch das Gewicht nahe am Limit liegt die Waffe beim Zielen sehr ruhig und bewegt sich im Schuss auch kaum. Zu einem stabilen Anschlag trägt auch die Anordnung des Abzuges bei; die Mitte des Abzugszüngels liegt nur 40 mm unter der Laufseelenachse und lediglich 66 mm unter der Visierlinie. Das reduziert seitliches Kippeln.
Neben dem anderen Lauf unterscheidet sich das Modell „Tristar G de Luxe“ vom einfachen Grundmodell vor allem durch die Visierung. Die ursprüngliche Führung des Originalvisiers wurde vom Griffstück entfernt und machte einem Anschütz-Visier platz. Es hiesse, Eulen nach Athen zu tragen, in Silhouetten- Kreisen etwas über dieses bekannte Visier zu sagen. Mit den Ziffern auf seiner Höhenverstellung lässt es sich einfach und mit hoher Wiederholgenauigkeit auf die unterschiedlichen Entfernungen einrichten. Die maximal erlaubte Visierlänge von 342 mm wird voll ausgenutzt und ergibt eine Treffpunktverlagerung von 22 mm auf 100 m pro Klick. Im Gegensatz zum Kimmentunnel von Lansing, der zu diesem Visier als Zubehör erhältlich ist, montierte der Hersteller eine stabile Stahlröhre mit definiertem Anschlag auf der linken Verschlussführung. Der Schutz ist 100 mm lang, mattschwarz brüniert und reicht bis zum hinteren Waffenende. Er lässt sich senkrecht hochklappen und schützt nicht nur vor Sonne und Regen, sondern auch vor Beschädigungen. Da er heruntergeklappt immer an der selben Stelle arretiert wird, ändert sich das Visierbild nicht; ein Vorteil nicht nur für Anfänger. Der Korntunnel ist in eine Schwalbenschwanz- Fräsung im Lauf eingeschoben und nimmt Anschütz- Korneinsätze auf. Als Pendant zur 1,8 mm breiten Kimme war ein 2 mm breites Korn eingelegt. Für mich ideal; für andere in ein paar Sekunden auswechselbar - ohne Änderung der Treffpunktlage.
Zusammenfassung
Die „Tristar G de Luxe“ ist der Geheimtipp unter den KK-Silhouetten- Waffen. Für 1250.- DM erhält man eine ausgereifte Konstruktion, die jeder Anfänger bedienen kann. Spitzenleute erzielen damit Top-Resultate, wie der Gewinn des Worldcups 95 in der Unlimited- Disziplin zeigt. Die Waffe lässt sich in drei verschiedenen Disziplinen, auch mit preisgünstiger Munition, einsetzen. Deshalb der Name „Tristar“; das „G“ soll auf den Initiator hinweisen. Ich kenne keine bessere Silhouetten-Waffe für die Kleinkaliber- Diszipline.
Durch den günstigen Preis der Luxusversion ist dagegen die 300.- DM billigere Standardversion nicht so preiswert, wie es auf den ersten Blick erscheint.
Auch diese Waffe entstand nach der Salami-Taktik. Am Anfang stand der Rahmen des HW-9 ST, der die Basis für Revolver im Kaliber .22 l.r. bis .357 Magnum bildete. Der Vorgänger, HW-9, aus einer NE- Legierung, entstand 1966. Elf Jahre später folgte der HW-9 ST, ein Griffstück aus hochvergütetem Stahlguss, bei dem der Lauf nicht mehr eingepresst, sondern verschraubt wurde.
Anfangs der 90er Jahre animierten Mitglieder der Schweizer Silhouetten- Vereinigung MSSS den technischen Leiter, Hans-Hermann Weihrauch, die Variante mit 10 Zoll langem Lauf zum Silhouetten-Schiessen wieder anzubieten. Diese wurde schon Ende der 70er Jahre nach Amerika geliefert. 1992 starteten dann drei ihrer Mitglieder mit der Neuauflage an der Europameisterschaft in Baumholder. Nach erfolgreichem Einsatz - Doris Latz gewann damit die A-Klasse - war man bei Weihrauch auch weiteren Modifikationen nicht abgeneigt. Es folgte ein Lauf in der ab 1993 maximal erlaubten Länge von 10 ¾ in. mit seitlich aufgesetzten Schienen zur besseren Anlage und kurz darauf eine neue Abstimmung des Schlosses zur Halbierung der SA-Abzugskraft. Als vorläufig letzte Modifikation wurde die Rahmenbrücke für ein BoMar- oder Wüthrich- Visier umgestaltet.
Jetzt ist die Waffe in schwarz mit dem Originalvisier und 10 in. Lauf oder als Luxusversion mattverchromt mit einem der Mikrometer-Visiere erhältlich. Der Preisunterschied liegt bei 300.- DM; dazu kommt der Aufpreis von 250.-DM für das zugekaufte Visier. Die ZF-Montage fällt allerdings dem Passstück des neuen Visiers zum Opfer.
Die teuerste Ausführung kostet jetzt 1500.- DM und ist für einen guten Silhouetten-Revolver preisgünstig. Die Zweckform wirkt optisch recht attraktiv durch den Kontrast der glasgeperlten Verchromung mit der mattschwarzen Visierschiene, die durch brünierte Kimmen- und Korntunnel begrenzt wird. Der senkrecht stehende Nussbaumgriff schliesst die elegante Form nach unten ab.
Die Funktion des Rahmens und Schlosswerkes ist schon mehrfach beschrieben worden, deshalb hier nur das Wichtigste. Das Schloss ist als Abzugsspanner (DA) konstruiert. Silhouette wird natürlich trotzdem vorgespannt (SA) geschossen. Durch das Rücksprungschloss ist die Waffe fallsicher. Im Gegensatz zu den meisten Revolverschlössern ist die Kraft des Hammers praktisch unabhängig von der Abzugskraft. Die Feder muss nur in der Lage sein, das Abzugszüngel sicher in die vordere Stellung zu bringen. So ist die Feder mit der Teile- Nr. 9583 anstelle in der originalen Dicke von 1,3 mm auch mit 0,8 mm erhältlich. Mit dem Konus unter dem Griff kann so die Abzugskraft von den normalen 1400 g auf rund 500 g einreguliert werden. Dies ist jedoch nur geübten Silhouetten- Schützen zu empfehlen, da der 9 mm breite Abzugsschuh einen noch geringeren Widerstand vorgaukelt. 1996 erlaubte die IMSSU den Abzugsschuh offiziell, da er einen Hauch schmaler als der Abzugsbügel ist. Dies dank der Intervention der österreichischen AMSA und der MSSS.
Handhabung
Zum Ausschwenken der Trommel sollte nicht der modische Entriegelungs- Schieber benutzt werden. Besser ist, die Trommelachse nach vorne zu ziehen. Nach dem Laden der 6-schüssigen Trommel wird wieder die Trommelachse nach vorne gezogen und sanft eingeschwenkt. Natürlich geht es auch mit forschem Zuklappen. Dabei springt jedoch die Achse kurz in die Nute der Transportklinke. Dies mag für normale Gemüter zwar unwichtig sein, einem empfindlichen „Silhouetter“ blutet jedoch dabei das Herz. Für solche Leute ist schliesslich das leere Abschlagen eines Schlosses schon eine Todsünde!
In eingeklapptem Zustand hat die Trommel radiales Spiel im Bereich 0,1 ... 0,2 Millimeter; axial war nichts feststellbar. Jetzt kann der Hahn gespannt werden. Dies geht sehr gut mit dem 13 mm breiten und gut 15 mm tiefen, gerippten Hahnsporn. Der Daumen verschwindet dabei teilweise im Kimmentunnel. Mit minimal 25 mm Breite ist genügend Platz für kräftige Pranken. In gespanntem Zustand haben jedoch auch zierliche Hände keine Probleme. Das Griffmass - der Abstand zwischen Griffrücken und Abzugszüngel - beträgt ideale 66 mm. Angenehm ist die Daumenauflage auf der linken Seite.
Im Liegendanschlag übertrifft der Weihrauch alle mir bekannten Revolver. Normalerweise rutschen die glatten Läufe in der Creedmore- Stellung auf dem schräggestellten Unterschenkel. Nicht jedoch hier. Links ist über die gesamte Lauflänge eine längsgerippte Schiene im Winkel von 45 Grad befestigt. Direkt anschliessend verläuft ein zweites Exemplar auf der Unterseite. So ist bei unterschiedlichem An- oder Auflegen eine stabile Lage gesichert. Die Schienen sind nichts anderes als zweckentfremdete Alu-Visierschienen, vergrössern die Laufoberfläche um gut 50 % und kühlen zu dritt den Lauf - eine praktische Idee. Zusätzlich dämpfen sie die Schwingungen des zylindrischen Laufes.
Genauso raffiniert ist das Korn. Da Silhouetter die breiten Korne der Sportwaffen nicht lieben, wurde dieses einseitig links auf 2,5 mm weggefräst. Bei mittigem Korn und Rechtsdrall des Laufes stehen die Kimmen immer nach links versetzt - ein Schönheitsfehler. Beim Weihrauch verschwindet das asymmetrische Korn unter einem Tunnel aus Federstahl und die Kimme steht in der Mitte. So ist ein Arbeitsgang gespart und Schönheit gewonnen!
Wo jedoch nicht gespart werden sollte ist beim „rear sight“, dem hinteren, verstellbaren Teil des Visiers. Die ursprüngliche Lösung einer kurzen Wippe im Originalrahmen ist für eine Sportpistole, die einmal eingestellt und nur auf 25 m geschossen wird, recht gut und günstig herzustellen. Der 4- oder 6-Zöller in .357 Magnum wird von mir gerne geschossen und von vielen unterschätzt. Fürs Silhouetten- Schiessen auf vier verschiedene Distanzen bis 100 Meter, wo dauernd am Visier gedreht wird, ist ein fein verstellbares Visier jedoch unverzichtbar!
Der getriebene Aufwand lohnt sich. Die Rahmenbrücke wurde abgefräst, mit einem Passstück versehen und die teure, aber altbewährte lange Visierwippe von BoMar eingesetzt. Eine Umdrehung der sauber rastenden Höhenschraube ist aufgeteilt in 20 Klicks. Jeder davon verschiebt die Treffpunktlage auf 100 m um 15 mm. Darüber thront ein 125 mm langer Visiertunnel aus Federstahl, der das Kimmenblatt hinten um 42 mm überragt. Da stört kein Streulicht mehr. Zur leichten Bedienung lässt sich der Tunnel senkrecht nach oben klappen; auch die Ruhestellung ist definiert, da er horizontal einrastet. Die Visierlinie ist 325 mm lang; mehr lässt sich aus einem Revolver der Production- Disziplin wohl kaum herausholen.
Präzision
Die Voraussetzungen zum Zielen sind ideal. Jetzt muss nur noch getroffen werden. Das leichte Trommelspiel macht zwar - im Vergleich zu einem mehrfach teureren Casull - misstrauisch. Die Praxis sieht dann ganz anders aus. Der Weihrauch reagiert recht gutmütig auf verschiedene Munitionssorten. Gute 10er Gruppen auf 100 Meter liegen um 40 mm; die schlechteren noch unter 60 mm. Offensichtlich zentriert sich die Trommel über den Laufkonus selber. Ähnliches hatte schon Hans Aicher bei seinem grossen Test mit 100 Sorten KK-Munition im DWJ 6 und 7/1993 festgestellt. Er benutzte als Testwaffen den damals neuen Silhouetten- Casull und den ersten Weihrauch mit 10 Zoll-Lauf und kam zu dem Ergebnis, dass sich beide Waffen nichts geben, der Weihrauch jedoch zuverlässiger zündet. Andere getestete 10 Zoll-Revolver stufte er - trotzt höherem Preis - als problematisch bis schlecht ein. Dem kann ich mich nur anschliessen. Dazu kommt, dass der Weihrauch durch die ausschwenkbare Trommel im Wettkampf viel einfacher zu bedienen ist. Ein Zündversager, den man unter Zeitdruck nachschiessen muss, ist bei einem SA-Revolver kaum zu schaffen.
Praktische Erfahrung
Wie schon bei der Rhöner- Pistole erprobte ich auch hier das „Economy-Modell“ und die Luxusversion im rauhen Training und unter Wettkampf- Stress. Bei 550.- DM Unterschied ist das einfachere Modell für Anfänger in dieser Sportart noch zu empfehlen. Die Präzision ist nur wenig geringer und sicher viel besser, als die meisten Schützen schiessen können. Im praktischen Betrieb möchte ich jedoch die Vorteile der teuersten Variante nicht missen. Knapp 2 cm mehr Lauf bringt ballistisch kaum etwas; die grössere Visierlänge ist jedoch von Vorteil.
Die Schienen am Lauf dürften nur einen theoretischen Effekt bei der Kühlung bringen; schwingungstechnisch ist der Effekt jedoch unumstritten. Im Wettkampf rutschen glatte Läufe öfter am Bein. Die längsgerippten Schienen verhindern dies zuverlässig.
Das wichtigste Argument ist jedoch ein Mikrometer- Visier. Bei häufigem Verstellen wird das einfache Original bald schwammig und die Klicks ungleichmässig. Da lohnt sich die weit teurere Fremdwippe.
Kimmen- und Korntunnel sind bei Sonne und Regen ideal. Das Visier ist trotzdem gut zu verstellen. Wer auf anderen Waffen einen Lansing- Tunnel benützt, weiss den sauber rastenden Tunnel- Anschlag beim Weihrauch zu schätzen. Hier ändert sich das Zielbild nicht nach jedem Schuss.
Für mich das Wichtigste im Wettkampf ist die ausschwenkbare Trommel. Mit 17 mm Hub des Ausstossers sind die 15 mm langen Hülsen mit einem Griff ausgeworfen. Auch bei Störungen ist dies ideal. Wer einmal einen Zündversager bei einer fest installierten Trommel hatte, wird mir beipflichten. Ein Nachschiessen ist kaum möglich und die Trommel ist bei „Ende Feuer“ immer noch voller Hülsen. Beim nächsten Durchgang muss dann zuerst entladen werden...
Für geübte Schützen ist der 500 g-Abzug mit dem breiten Züngel eine feine Sache. Dass das Schloss trotzdem in weniger als 10 ms auslöst, und auch preiswerte Munition sicher zündet, ist bei weit teureren Revolvern nicht üblich. Da lässt sich die nicht ganz so perfekte Verarbeitung verschmerzen. Gut ist sie immer noch; man muss schon genau hinschauen, um Gussspuren zu sehen, und Kompromisse für den Preis müssen schliesslich irgendwo gemacht werden. Wo es für den praktischen Einsatz wichtig ist, ist man bei Weihrauch sogar pingelig. Auffallend an der separaten Sicherungsschraube des Triggerstopps, der Fixierung des Hahnsporns mit Schwerspannstift und Imbusschraube oder der zurückversetzten Mündung.
Auch hier ein Praxis-Tip: Die geschraubte Achse des Trommelkranes kann sich lockern, so dass die Tromelflucht nicht mehr stimmt. Oder der Hahnsporn: beginnt er zu wackeln, ändert sich die Laufschwingung. Also beides rechtzeitig festziehen!
Wer beim Waffenkauf sparen will, sollte sich trotzdem die teuerste Variante des Weihrauch-Revolvers gönnen. Er kann damit in allen vier KK-Disziplinen starten. Wenn die Leistungen steigen, kann er immer noch eine spezielle „Unlimited“ dazukaufen und danach vielleicht eine „Production“. Am internat. BDMP-Cup Ende 96 startete ein altbekannter „Silhouetter“ in drei KK-Disziplinen mit dem Weihrauch und belegte die Plätze 1, 2 und 3 (Bravo Thomas)!
Zusammenfassung
Rhöner- Pistole und Weihrauch- Revolver haben eine ähnliche Geschichte. Beide sind scheibchenweise von einem Grundmodell zur heutigen Silhouetten- Waffe entwickelt worden. Bei beiden ist das teuerste Modell - im internationalen Vergleich - preiswert und muss sich auch technisch vor der Konkurrenz nicht fürchten. Beide haben zugekaufte Visiere, die mit Kimmen- und Korntunnel ergänzt wurden. Und beide sind unverwüstlich matt verchromt. In internationalen Wettkämpfen haben sie bewiesen, dass sie zur ersten Garnitur gehören. Dass die Hersteller in Mitteleuropa sitzen, ist für all jene ein Trost, die Ersatzteile aus den USA benötigten oder eine defekte Waffe ins Werk senden mussten. Das kann Monate dauern. Bei Rhöner und Weihrauch wird in Tagen gerechnet, und das zu moderaten Preisen.
Nachtrag: Leider existiert die Firma SM – Rhöner Sportwaffenbau seit 1999 nicht mehr und die hier beschriebene Silhouetten- Pistole gilt nunmehr als rares Sammlerstück.
TECHNISCHE DATEN
Hersteller |
Rhöner
Sportwaffen D-97656 Weisbach |
Weihrauch D-97634 Mellrichstadt |
Modell | Tristar „G“ de Luxe | Arminius HW-9ST Silh. |
Kaliber | .22 l.r. | .22 l.r. |
Disziplin | Production | Revolver |
Verschluss | Knickhebel | DA-Trommel |
Lauflänge | 270 mm | 270 mm |
Laufdurchmesser | 22 mm, Profil | 21,5 mm zyl. |
Visier über Laufseele | 26 mm | 17 mm |
Visierung | offen (Anschütz) | offen (BoMar) |
Visierlänge | 342 mm | 325 mm |
1 Klick / 100m | 22 mm | 15 mm |
Kimmen- / Korn-Tunnel | Ja / Ja | Ja / Ja |
Kimmenbreite | 1,8 mm | 2,1 mm |
Kornbreite | 1,7 - 3 mm | 2,5 mm |
Abzug | Druckpunkt | DA |
Abzug - Laufseele | 40 mm | 53 mm |
Auslösekraft | 400 g | 500 g |
Griffmaß | 67 mm | 66 mm (SA) |
Griffwinkel | 95 Grad | 90 Grad |
Gesamtlänge | 402 mm | 418 mm |
Oberflächen | mattchrom | mattchrom |
Gesamtgewicht | 1800 g | 1700 g |
Preis | 1250.- DM | 1500.- DM |
Arminius
Germanischer
Heerführer in der Schlacht im Herbst 9 n. Chr. im Teutoburger Wald gegen die Römer.
Arminius wurde um 17 v. Chr. als Sohn des Segimer geboren und auf dem Palatin
erzogen. Diente als Tribun und erwarb das römische Bürgerrecht. Wandte sich
wegen römischer Germanen-Politik gegen Varus, den er besiegte. Fiel 17 n. Chr.
durch Hinterlist seiner Verwandten und soll jener Siegfried sein, der den
Drachen (Römer) schlug. Der Name
Arminius ist, seit deren Firmengründung, auch Modellname der Firma Weihrauch für ihre
Revolver. Teilweise ist Arminius auch unter der Bezeichnung „Hermann der
Cherusker“ bekannt. Die gleiche Schreibweise des Vornamens benutzen die beiden
Initiatoren obiger Silhouetten- Waffen.
Ein Zufall der Geschichte..